Studentenaktivitäten

Ich war jetzt im Seminar mit allerlei Ämtern belastet, fungierte (mehr auf dem Papier) als Instruktor der marian. Kongregation, war Bibliothekar, und was das schlimmste war, auch Bademeister. Dazu hatte mich Josef Schubert geködert. Donnerstag, Freitag, Samstag waren Badetage. Das Bad im 2. Stock hatte 3 Wannen. Im Parterre 1 Wanne. Wollte man im oberen  Bad heißes Wasser haben, dann musste der Badeofen zumindest jede Woche ausgeputzt werden. Da dies der 2. Hausdiener nicht tat, machte ich den Ofenfeger, sah die halbe Woche wie ein Kaminkehrer aus und schwitzte oft bei dieser Arbeit. Ich musste natürlich jede Weile nachschauen gehen, ob gut geheizt werde, die Wannen sauber gereinigt, den Badeplan ausarbeiten und das Badegeld einkassieren (à 50 Heller).
    In der Bibliothek hielt ich mich aus eigenem Interesse viel auf. Es waren meistens ältere, doch oft wertvolle Bücher aus dem Nachlass verstorbener Geistlicher. Heute würden mich diese Bücher noch mehr interessieren als damals.
    Neben diesen Ämtern gehörte ich seit dem 3. Jg. auch zu den Zeremoniären, die bei Funktionen im Dom in Aktion traten. (Je 1 Theologe aus dem 5., 4, und 3. Jg.). Aus dem einen Bibliothekszimmer im Erdgeschoss führte eine Treppe in einen Keller. Oben war sie mit einer Falltüre abgeschlossen, am Ende der Treppe unten war eine 2. Türe. Diesen kleinen Raum benützte ich als Dunkelkammer für fotograf. Arbeiten. Einst öffnete ich die untere Türe, hinter der sich ein unterirdischer Gang befand. Ich ging weiter und kam zu meinem Erstaunen in den Vorratskeller der Seminarküche.
    Die Exerzitien gab uns dieses Jahr P. Štork S.J. aus Prag, besonders als Peripherie-Seelsorger bekannt war.
    Am 13. März 1932 erteilte uns Bischof Dr. Weber in der Seminarkirche die niederen Weihen des Ostiaritates und Sektorates.
    Die Fastenpredigten hielt, wie ich schon berichtete, Prior P. Ambr. Frank, Augustiner aus B. Leipa. P. Frank war zuerst Weltpriester, trat dann bei den Augustinern ein um im Sinne der Staffelsteinbewegung eine Reform im Orden durchzuführen und diesen zu einem Zentrum religiöser Ernennung in Böhmen (liturgische Bewegung, Exerzitien, etc.) zu machen.

In den folgenden Jahren kam es tatsächlich zu einem bemerklichen Aufschwung des Klosters in B. Leipa, bis der Krieg (1939 - 45) hemmend einwirkte. Nachher kam die Aussiedlung der Deutschen aus der ČSR und 1950 die Aufhebung der Klöster.
    In den Sommerferien 1932 machte ich mir täglich Notizen über mein Tun und Treiben. Über diese kann ich deshalb etwas ausführlicher berichten. Viel Zeit verbrachte ich in der Pfarrkanzlei, wo ich die lateinischen Eintragungen der Pfarrchronik (von 1628 bis 1750) ins Deutsche übersetzte. Das tat ich auf Bitten des Grottauer Heimatforschers Josef Neuhäuser, Webmeisters, eines guten Katholiken, der im Laufe der Jahre viele heimatkundliche Aufsätze im Grottauer Kirchenblatt und in der Grenzlandzeitung veröffentlichte. Auch schrieb ich Matriken (Duplikate) und Matrikenauszüge. In dieser Zeit betrieb man schon eifrig Familienforschung. Auch kamen aus Deutschland viele Ansuchen um Matrikenauszüge, die zum Nachweis der arischen Abstammung benötigt wurden. (Steckenpferd der Nationalsozialisten).
    Beinahe täglich besuchte ich die städtische Lesehalle, um Zeitungen und Zeitschriften einzusehen. Öfters machte ich mit Katechet Herzog, meinem Cousin Bruno Thiel und anderen Freunden, Ausflüge in die Umgebung (Grafenstein, Pfaffenstein, Hahnbergbaude, Trögelsberg, Zittau usw.). Zuweilen besuchte ich Mitalumnen oder Mariascheiner Studenten oder bekam von diesen Besuch. An den Abenden gingen wir hie und da in ein Gasthaus auf 1 Bier und spielten einige Billardpartien, nahmen an den wöchentlichen Jugendbundversammlungen teil oder führten lange Dispute. Oft war ich bei Herrn Dechant Daume zum Essen geladen oder Gast bei Pate Ida oder anderen Bekannten. Einmal machte ich eine Radpartie zu Kaplan Altmann in Zwickau, später eine solche nach Reichenberg und Philippsdorf. Hedwig kam mal auf kurzen Besuch, desgleichen Mariechen vor dem Besuch der Familienschule in Brünn (1932 - 34).
    Am 3. Juli nahm ich in der Zittauer kath. Kirche am 40-jähr. Priesterjubiläum von P. Expeditus Schmiedt, O.F.M., eines Konvertiten und bekannten Literaturkritikers teil. Für die Assistenz bekam ich 2 RM. Am 15. Juli feierte Pate Karl Rohn sein 25. Priesterjubiläum, zu dem wir ihm ein Gratulationsschreiben schickten.