Jugendliche Erlebnisse

Im Winter war unser Spielplatz meist die Scheune. Oft wurde auch noch mit Dreschflegeln das Getreide ausgedroschen. Für uns Kinder gab es einen kleinen, leichten Dreschflegel, denn wir beteiligten uns gern. Einst hatten wir im Spätherbst im Garten eine „Laubhütte“ gebaut. Lange schon waren wir nicht mehr dort gewesen, da fiel unser Blick auf unsre Hütte, als wir eines Tages im Feber oder März beim Spielen vom Heuboden durchs Fenster in den Garten schauten. „Ach, unsere Hütte, wie mag es dort aussehen!“ Und gleich eilten wir in den Garten. Der Schnee war schon im Schmelzen. Unsere Überraschung war gross. In der Laubhütte lagen 2 grosse Ballen Rohgarn. Da einige Zeit zuvor der Heizer Patzelt  der benachbarten Fabrik dort einen Diebstahl begangen hatte und nun im „Loch“ sass, lag der Verdacht nahe, dass er das Garn hier deponiert hatte, denn unser Garten grenzte unmittelbar an die Schuberts Fabrik. Die Mutter ging sofort zum Herrn Fabrikant Schubert, der das Garn als sein Eigentum erklärte. Zur Belohnung gab er mir und Karl ein Sparbuch, je auf 50 Kč lautend. Diese kamen mir einige Jahre später sehr zu Statten, als ich gerade mit Taschengeld schlecht bestellt war. Der  Garten wurde noch einmal für mich zur Goldgrube, als  ich dort eine beschädigte 50-Kronen Note fand. Da sich niemand von den Hausangehörigen als Besitzer meldete, verblieb sie mir. Herr Postoberoffizial Balzer nahm sie zum Umtausch mit nach Reichenberg und händigte mir dafür volle 50 Kč ein.
  
           Da hatten in jenen Jahren einmal im Sommer Seiltänzer auf dem unteren Markt ihr Seil aufgespannt. Wir waren natürlich auch unter den neugierigen Zuschauern. Gegen Schluss der Vorführung bestieg ein Artist, der als betrunkener verkleidet war, das Seil und torkelte schwankend darüber. Nachher wollte er sich durch das Publikum drängend, irgendwo verlieren. Eine Schar Buben war lärmend hinter ihm her und versuchte ihm die Perücke vom Kopf zu stossen. Ich war in den vordersten Reihen und stiess mit der Hand gegen seine Perücke, da traf mir am Hinterkopf mit aller Heftigkeit sein derber Knotenstock, den er wild um sich schwang um die zudringliche Rotte abzuwehren. Ich fiel bewusstlos auf den Sand, raffte mich aber bald wieder auf und schlich nach Hause. Dort legte ich mich still zu Bett. Am nächsten Morgen musste ich mit der Mutter nach Weisskirchen um Milch fahren. Mein Kopf schmerzte schrecklich und jede Erschütterung des Wagens  ging mir wie ein Messerstich durchs Gehirn. In Nieder-Berzdorf fragte die Mutter plötzlich: „Ist es denn wahr, dass sie dich gestern beinahe erschlagen hätten?“ Ich versuchte zu lächeln und sagte: „Ach, es war nicht so schlimm.“ Aber ein Denkzettel ist mir verblieben. Dort, wo mich der Stock getroffen, ist mein Kopf ein wenig höckerig.